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A245

Einfluss von Faserverlauf und Gefüge auf die Schwingfestigkeit warmmassivumgeformter ausscheidungs-härtender, ferritisch-perlitischer Stähle

(A245 S 24/10131/2007)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 2007 – 30. Juni 2010

AFP-Stähle ermöglichen aufgrund ihrer Wärmebehandlung aus der Umformwärme einen wirtschaftlichen Fertigungsprozess. Während der Umformung orientieren sich die im AFP-Stahl enthaltenen nichtmetallische Einschlüsse entsprechend dem Materialfluss. Die dabei entstehende, zeilige Anordnung der Einschlüsse wird als Faserverlauf bezeichnet. Die Orientierung der Einschlüsse – insbesondere die der Mangansulfide – führt zu richtungsabhängigen Werkstoffeigenschaften. Um die Wettbewerbsfähigkeit von AFP-Stählen steigern zu können, werden Kenntnisse über den Einfluss des Faserverlaufs auf die Schwingfestigkeit benötigt. Um diese Kenntnisse bereits in die rechnerische Vorauslegung von Bauteilen einfließen lassen zu können, ist ebenfalls die numerische Abbildung des Faserverlaufs erforderlich.

Im Rahmen des vorliegenden Vorhabens wurde der Einfluss der Faserrichtung und der Faserdichte auf die Schwingfestigkeit experimentell untersucht. Hierzu wurden in erster Linie Proben aus Walzmaterial des 38MnVS6 quer und längs zur Walzrichtung entnommen. Die Faserdichte wurde über den Schwefelgehalt des AFP-Stahl variiert. Parallel dazu wurde untersucht, wie beide Größen numerisch abgebildet werden können.

Die Schwingfestigkeit war im Fall des 38MnVS6 bei Beanspruchung quer zur Faserrichtung um bis zu 13% niedriger als bei Beanspruchung längs zur Faserrichtung. Die Richtungsabhängigkeit der Schwingfestigkeit nahm mit steigendem Schwefel- bzw. Fasergehalt und steigender Zugfestigkeit zu, wobei der Einfluss der Zugfestigkeit dominierte. Bei bauteilrelevanten Kerben mit Kt =2 veränderte sich die Richtungsabhängigkeit nicht. Ergänzende Versuche mit Fasern unter 450 zur Belastungsrichtung legen einen linearen Zusammenhang zwischen Faserrichtung und Schwingfestigkeit nahe. Im Gegensatz zur Schwingfestigkeit waren das zyklische Spannungs-Dehnungsverhalten und die statische Streckgrenze und Zugfestigkeit unabhängig von der Faserrichtung. Generell nahm die Schwingfestigkeit mit zunehmendem Schwefel- bzw. Fasergehalt und abnehmender Härte, d.h. Zugfestigkeit, ab. Die für das Walzmaterial abgeleiteten funktionalen Zusammenhänge konnten jedoch nur bedingt auf reale Gefüge übertragen werden. Versuche an Proben, die aus Achsschenkeln entnommen wurden, zeigten, dass die Schwingfestigkeit auf Basis des Walzmaterials nur mit relativ großen Abweichungen von 14-20% abgeschätzt werden konnte. Für die zyklische Dehngrenze waren die abgeleiteten Zusammenhänge hinreichend genau.

Da Bauteile im realen Betrieb Belastungen mit variablen Amplituden ausgesetzt sind, wurden im Rahmen des Vorhabens zusätzlich Gaßnerversuche durchgeführt. Hierfür wurde eine für einen Achsschenkel abgeleitete Lastfolge verwendet. Im konkreten Fall bildeten sich die unter konstanten Amplituden festgestellten Unterschiede bei Längs- und Querbeanspruchung auch unter variablen Amplituden ab.

An gekerbten Proben mit Kt=1,9 konnte gezeigt werden, dass ein kontinuierlicher, der Bauteilgeometrie folgender Faserverlauf, im konkreten Fall keine Schwingfestigkeitsvorteile gegenüber einem angeschnittenen Faserverlauf bringt, der bei mechanischen Nachbearbeitung eines Bauteils entsteht.

Mit dem durchgeführten Projekt wurden Erkenntnisse zum Einfluss des Faserverlaufs auf die Schwingfestigkeit gewonnen, die in der Praxis für eine zuverlässigere und werkstoffgerechtere Bewertung von Schmiedebauteilen genutzt werden können. Insbesondere durch den Vergleich mit Ergebnissen aus der Literatur kann auf Grundlage der Untersuchung auch für andere Schmiedestähle die Richtungsabhängigkeit der Schwingfestigkeit auf Basis der Zugfestigkeit, des Schwefelgehalts sowie gegebenenfalls der Richtungsabhängigkeit der Duktilitätskennwerte A5 und Z abgeschätzt werden.

Mit vergleichenden Versuchen an den Vergütungsstählen 30MnB5 und 33MnCrB5 konnte des Weiteren gezeigt werden, dass der AFP-Stahl hinsichtlich seines Verhaltens bei zyklischer Beanspruchung gegenüber den teureren Vergütungsstählen wettbewerbsfähig ist.

Zur rechnerischen Vorauslegung von Bauteilen unter Berücksichtigung der Faserdichte sowie der Faserorientierung wurde eine Methode entwickelt, die den realen Faserverlauf in einer kommerziellen FE-Software abbildet. Hiermit ist es möglich, eine Abschätzung des Faserverlaufes sowie der Faserdichte im späteren Bauteil zu treffen. Durch eine Überlagerung dieser gewonnenen Erkenntnisse mit einer numerischen Belastungssimulation des Bauteils kann der lokale Einfluss der Fasern auf die Schwingfestigkeit ermittelt und dargestellt werden. Für eine Umsetzung in der Praxis sind in Zukunft Fragestellungen hinsichtlich der Mehrachsigkeit und des Abgleichs zwischen simulierter und realer Faserdichte zu beantworten.


Forschungsstelle 1:
Fraunhofer Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF)
www.lbf.fraunhofer.de

Forschungsleiter 1:
Prof. Dr.-Ing. Cetin M. Sonsino

Forschungsstelle 2:
Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen der TU Darmstadt (PtU)
www.ptu.tu-darmstadt.de

Forschungsleiter 2:
Prof. Dr.-Ing. Peter Groche

(vorgelegt vom Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e.V. (WSM) für Industrieverband Massivumformung e. V. (IMU))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF
22.06.2011